Von den eigenen Worten überrascht

Es ist faszinierend. Ich saß eine Stunde vor meinem Schreibprogramm, habe es immer und immer wieder geschlossen, andere Fenster geöffnet und alles getan, nur nicht schreiben. Ich wusste einfach nicht, wie. Der Anfang fiel mir schwer, ich wusste nicht so recht, wo ich weitermachen sollte, wo und wie ich meine heutigen Worte an die von vorgestern anknüpfen sollte. Mir fehlten letztendlich die Worte.

Und dann hat es doch funktioniert. Ideen flossen aufs Papier und haben Sinn ergeben und schließlich das Ende eines Kapitels geformt, das ich so garnicht vorhergesehen habe. Vor ein paar Tagen noch dachte ich, die Geschichte würde in diesem Kapitel anders enden und doch ist es anders gekommen. Und damit einhergehen eine andere Art und Weise, weiterzuerzählen. Ist es das, was Schriftsteller am Schreiben lieben? Diese Überraschungen, die immer wieder aus dem Nichts kommen und neue Möglichkeiten offenlegen? Während ich an meiner Geschichte geschrieben habe, ist es immer wieder dazu gekommen, sogar schon ganz am Anfang, als ich mich noch inmitten des ersten Kapitels befand. Damals war es nur eine Nebengeschichte, doch jetzt, ohne sie ein zweites Mal gelesen zu haben, halte ich so an dieser kleinen Geschichte fest, ich kann mir nicht vorstellen, sie irgendwann aus dem Gesamtwerk herauszuschreiben. Die Erinnerung an dieses Gefühl von damals, etwas fast zufällig gefunden zu haben, das so perfekt passt, ist immer noch ganz frisch. Und jetzt gerade, in diesem Moment ist diese Erinnerung so präsent, so klar, weil ich erneut so einen Moment erleben durfte.

Das war jetzt das dritte Mal, dass mir beim Schreiben am aktuellen Projekt so etwas passiert ist und jedes Mal hat es mich beflügelt und ich wollte nichts anderes tun, als zu schreiben und herauszufinden, wohin mich der neue Ansatz einer Idee bringt. Es sind diese Momente, die mir neue Energie geben. Denn ich kämpfe jeden Tag mit Selbstzweifeln. Habe ich den richtigen Weg eingeschlagen? Kann es wirklich funktionieren, zu schreiben, ohne detaillierten Plan? Sind die wenigen Eckpunkte, die meine Geschichte in meinem Kopf ausmachen, genug, um wirklich ans Ziel zu kommen? Die Antwort darauf: Ich weiß es nicht. Ich werde es wohl oder übel herausfinden müssen. Doch es sind genau diese kleinen Geistesblitze, die mir ein gutes Gefühl geben. Auch wenn ich mich nach einigen Absätzen wieder in dem gleichen Dilemma befinden werde, ist es gut zu wissen, dass kleine Wunder noch passieren können… dass ich selbst für meine kleinen Schreibwunder verantwortlich bin!