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Es überrascht mich immer wieder, wie viele Erinnerungen und Momente an einer Person haften. Erst wenn man sich wieder einander annähert prasseln Bruchstücke auf einen ein, die sich nach und nach zu einem großen Ganzen fügen. Und dann sind sie wieder da, ganze Jahre an gemeinsamen Augenblicken, so nah und greifbar, als wären sie nie in Vergessenheit geraten.

Über zehn Jahre liegen nun schon dazwischen – zwischen dem Abschied und dem Hier und Jetzt. Und doch kommen all die jungen Gefühle wieder in mir hoch, als wäre es gestern gewesen.

Mein damals größtes Vorbild. Sie war für mich etwas besonderes. Eine Frau – so anders als alle anderen – die mir eine andere Zukunft gezeigt hat, die ich so nie für möglich gehalten hatte. Das Erwachsensein ganz anders schattiert, definiert, gelebt. Sie hat mich geprägt und angetrieben und den Grundbaustein für eine meiner größten Leidenschaften gelegt – das Schreiben. Ich hatte endlich einen Weg gefunden, mit Gefühlen und Gedanken umzugehen, mithilfe von Worten. Ganze Notizbücher wurden gefüllt – mal mit klassischen Tagebucheinträgen, Zitaten und lustigen Anekdoten, mal mit Kurzgeschichten oder Gedichten. Je nachdem welche Muse mich gerade beglückt hatte.

Manchmal frage ich mich wie sie darauf reagieren würde, zu wissen, wie stark sie mich im Heranwachsen begleitet hat, ohne aktiv präsent gewesen zu sein. Vielleicht sind genau das die Begegnungen, die ein Leben besonders machen. Auch wenn ein Mensch nicht parallel neben einem den Weg beschreitet, kann dessen Anwesenheit spürbar sein, ohne dass sich diese dessen bewusst ist.