Tun

Ich bin fest davon überzeugt, dass jedes Buch zu einem bestimmten Zeitpunkt im eigenen Leben gelesen werden muss. Wie oft ist es mir schon passiert, dass ich ein Buch beiseitegelegt habe, nur um Jahre später wieder danach zu greifen und es abgöttisch zu lieben? Unzählige Male. Und genauso oder ähnlich ergeht es mir wohl gerade mit der kleinen Auswahl an Büchern, die mich die letzten Wochen begleitet haben.

Ich war nie ein großer Fan von Non-Fiction, habe Romane und Geschichten bevorzugt, die oft kaum etwas mit meiner normalen Realität gemein hatten. Doch etwas ist passiert. Vielleicht liegt es am Älterwerden und neben ersten grauen Haaren und Falten um die Augen kommen auch neue Vorlieben in der Lektürewahl hinzu. Die letzten zwei, drei Bücher waren allesamt Non-Fiction (abgesehen eines Mangas), und jedes hat mich etwas gelehrt, was ich nicht habe kommen sehen. Gestern Abend habe ich ein neues Buch begonnen, es handelt von Kreativität und wie man in seinem Leben mehr Raum dafür schaffen kann.

Es ist manchmal schwer mit den Stimmen in meinem Kopf zu leben. Ich bin mein größer Kritiker und manchmal auch mein größter Fan. Nur kommt es zu oft dazu, dass beide Stimmen nicht das gleiche wollen, das gleiche fordern, und mich daher in verschiedene Richtungen ziehen. Ich bin älter als noch vor ein paar Stunden, und trotzdem spüre ich noch nicht die Weisheit, die einem Sicherheit schenkt, die einem zeigt, welches der richtige Weg ist. Vielleicht ist es auch nur ein Mythos und die großen Fragezeichen sind immer da, nur das Bewusstsein, dass alle Wege früher oder später nach Rom führen, wird größer. Ich werde es herausfinden, früher oder später.

Wohin.

Von Menschen zu lesen, die – in meinen Augen – etwas inspirierendes erreicht haben, mehr darüber zu erfahren, wie sie ihren Weg gefunden haben, zeigt mir die unendlichen Möglichkeiten auf. Ich frage mich, ob es wirklich so einfach gewesen sein kann, sich gegen die Erwartungen enger Vertrauter zu stellen, um seiner Passion zu folgen; Ängste auszublenden, die einen sonst lähmen würden; Sicherheit in sich selbst zu finden, obwohl man noch gar nicht erfahren hat, ob man das Zeug dazu hat. Geschichten zu lesen, die in der Realität verankert sind, sind oft eben doch genau das, Geschichten. Überarbeitet und umgeschrieben, bis sie den Leser vergessen lassen, dass es sich hierbei nicht um Fiktion handelt, sondern Realität oder Wahrheit oder oder oder. Meine Naivität holt mich ein, wenn ich mich von Autoren überschwemmen lasse. Ich lasse zu, dass die vermeintliche Realität und das dargestellte Ideal sich vermischen. Es wühlt etwas in mir auf, was schon die ganze Zeit unter der Oberfläche gebrodelt hat und nur darauf gewartet hat, sich bemerkbar zu machen. Wieso schreckt es mich im ersten Augenblick ab, dass sich der Leidensweg anderer nicht leidsam genug liest, wenn ich selbst auf meine Vergangenheit zurückblicke und vor allem die positiven Momente in Erinnerung geblieben sind?

Mehr.

Wieso nicht nacheifern, was andere getan haben. Angehen, was einen schon lange beschäftigt und letzten Endes doch weggeschoben wurde, in Erwartung auf den passenden Moment. Vielleicht ist man selbst irgendwann in der Situation, in der man das Gelernte niederschreiben kann und beim revidieren fällt einem dann auf… ich habe es auch getan. Wieso, statt sich zu wünschen, es wäre einfacher, nicht einfach machen, Hürden überqueren und daran wachsen? Es ist schwer, verdammt schwer und es spricht so viel dafür sich zurückzuziehen und nichts zu ändern, nichts anzupacken, es nicht einmal zu versuchen. Was bleibt ist dann nur das stille und heimliche Ärgern, dass es erneut bei bloßen Gedanken geblieben ist.

Zu warten – auf bessere Zeiten, auf einfachere Zeiten, auf Zeit – macht keinen Sinn. Es wird nie der Moment kommen, in dem alles perfekt ineinander fällt. Wieso also warten? Wieso aufschieben? Vielleicht liegt es an einem selbst, das hier und jetzt zur perfekten Zeit und dem perfekten Ort zu erklären..